Brexit: City manövriert, um Kontrolle über Derivatehandel zu behalten

Der Economist veröffentlichte am 28.12. einen Artikel mit einer Einschätzung der Folgen des Brexit-Deals für die Finanzinteressen der City. Die Schlußfolgerung wird in der Überschrift angedeutet: „Die Londoner City weiß noch nicht, was der Brexit bedeuten wird – die wahrscheinliche Antwort: Schaden, aber keine Katastrophe“.

Finanzdienstleistungen sind in diesem ersten Abkommen ausgeklammert (vgl. SAS 52/20), und daher, so die Londoner Wochenzeitschrift, „hängt ein großes Fragezeichen über der City, Londons Finanzdistrikt. Sie muß nun bis Januar oder später warten, um zu erfahren, welches Maß an Marktzugang ihre Firmen in der EU in Zukunft genießen werden.“ 2018 fand etwa ein Drittel der EU-Kapitalmarktaktivitäten in Großbritannien statt, etwa doppelt soviel wie Frankreich an zweiter Stelle. Die City wickelt heute 90% der außerbilanzlichen (OTC-) Derivatgeschäfte in der EU und 84% des gesamten Devisenhandels ab.

Nach dem Brexit wird erwartet, daß London zwar seine Rechte nach dem „europäischen Paß“ verliert – das Recht von EU-Finanzunternehmen, seine Dienstleistungen in allen anderen EU-Ländern ohne regulatorische Hindernisse zu erbringen –, aber sog. „Äquivalenz“-Rechte erhält, die vergleichbaren Zugang gewähren. Bis jetzt hat Brüssel nur zugesagt, temporäre Äquivalenzrechte zu verlängern, und zwar „in den Bereichen, die es als entscheidend für die eigene Finanzstabilität erachtet, wie z.B. das Clearing (die zentralisierte Übertragung von Geldern und Eigentum im Wertpapierhandel). So hat es einer 18monatigen Verlängerung der gegenwärtigen Vereinbarungen für europäische Banken zugestimmt, die in London ansässige Derivat-Clearinghäuser nutzen, beginnend im Januar.“

Wie hart werde es die City treffen? Etwa 7500 Arbeitsplätze seien von London in die EU-Finanzzentren verlagert worden, stellt der Economist fest, doch das sei immer noch weit weniger als die ursprünglich prognostizierten 50.000. Und obwohl andere Zentren wie Frankfurt und Paris um die Nachfolge der City konkurrieren, „ist es schwer vorstellbar, daß eines von ihnen kurz- bis mittelfristig mit London konkurrieren kann“. Das Sprachrohr der City schlußfolgert: „Obwohl die endgültigen finanziellen Vereinbarungen noch nicht getroffen wurden, kann man davon ausgehen, daß der Brexit unterm Strich für die City schlecht, aber keine Katastrophe sein wird.“

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