Konferenz des Schiller-Instituts (I): Helga Zepp-LaRouche über „Eine größere Veränderung als am Ende des Kalten Krieges“

Wir präsentieren Auszüge aus der Grundsatzrede, die Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des internationalen Schiller-Instituts, auf der Online-Konferenz am 9.9. hielt.

Es ist dringend notwendig, daß wir den normalen Bürgern der europäischen Nationen und der USA – die täglich mit einer Flut von Nachrichten in den Mainstream-Massenmedien bombardiert werden, die im allgemeinen so verdreht sind, daß sie eine fast völlig fiktive parallele Realität schaffen – den tektonischen Wandel bewußt machen, der sich in diesem historischen Moment vollzieht. Denn nur wenn sie die Entscheidungen erkennen, die eindeutig vor uns liegen, besteht Hoffnung auf einen positiven Ausweg aus der gegenwärtigen existentiellen Krise der Menschheit.

Es ist höchste Zeit, den Erfolg bzw. das Scheitern der offiziellen Politik der letzten Zeit zu überprüfen, um die Gültigkeit oder die Fehler der eigenen Denkprinzipien zu beurteilen. Wenn es eine Lehre daraus gibt, wie es im 20. Jahrhundert zu zwei Weltkriegen gekommen ist, dann sind das die unzähligen Fehlkalkulationen seitens der Teilnehmer an diesen Kriegen. Angesichts dieser Parallele kann man die Alarmglocken nur so schrill wie möglich läuten lassen.

Die geopolitische Konfrontation der US-geführten NATO über die Ukraine, die keineswegs „unprovoziert“ am 23. Februar 2022 begann, sondern eigentlich schon mit der von der NED [National Endowment for Democracy] finanzierten „Orangenen Revolution“ 2004, und die mit Victoria Nulands Maidan-Putsch 2014 eskalierte, funktioniert eindeutig nicht so, wie es beabsichtigt war. Die beispiellose Serie von Sanktionen hat Rußland nicht „ruiniert“, wie Annalena Baerbock es sich gewünscht hatte, sondern eine weitreichende Neuausrichtung Rußlands nach Osten und Süden bewirkt.

Aber auch Rußlands Erwartung, daß die Militärische Sonderoperation nur von kurzer Dauer sein würde, hat sich nicht erfüllt, da die russische Führung offensichtlich die Auswirkungen der NATO-Operationen in der Ukraine seit dem Maidan-Putsch und die darauf folgende Haltung der Bevölkerung sowie die weitreichende Bereitschaft des Westens zum militärischen Engagement in der Ukraine unterschätzt hat.

Nun ist eine militärische Pattsituation erreicht, und die Fortsetzung der Militäroperationen kann trotz aller neuen Waffenlieferungen nur zur völligen Zermürbung der menschlichen Ressourcen der Ukraine führen, die bereits horrende Opferzahlen zu beklagen hat, und zur Gefahr einer Eskalation bis hin zur nuklearen Ebene, wenn entweder Rußland seine territoriale Integrität bedroht sieht oder jemand glaubt, ein begrenzter Atomkrieg sei möglich.

Wenn die Europäer davon überzeugt waren, daß ihr Nachgeben gegenüber den Forderungen nach immer „mehr Waffen“ für die Ukraine zu einem Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld führen würde, dann hat auch das nicht funktioniert. Stattdessen finden sich die europäischen Nationen völlig abgeschnitten von jeglichen Beziehungen zu ihrem Nachbarn Rußland wieder, die „Energieabhängigkeit“ hat sich von Rußland auf die viel teurere amerikanische Energie verlagert, und Deutschland hat inzwischen selbst den Anschein eines Restes von Souveränität und damit den Respekt der ganzen Welt verloren…

Die einseitigen – und damit illegalen – Sanktionen gegen Rußland und eine ganze Reihe anderer Länder, die Beschlagnahmung von Staatsvermögen und der Mißbrauch des Dollars als Waffe haben, zusätzlich zu den langjährigen Erfahrungen mit unfairen Handels- und Kreditbedingungen, zu einem gigantischen Rückschlag in den Ländern des Globalen Südens geführt, der sich inzwischen zur Globalen Mehrheit entwickelt hat und mehr als 85% der Weltbevölkerung darstellt. Die massiven Versuche der NATO-Staaten, Länder in Lateinamerika, Asien und Afrika unter Druck zu setzen, damit sie sich im Ukraine-Konflikt auf die Seite der „Demokratien“ der „regelbasierten Ordnung“ gegen die vermeintlichen „Autokratien“ und „Diktaturen“ stellen, sind gründlich nach hinten losgegangen.

Zepp-LaRouche befaßt sich dann mit weiteren Aspekten der gegenwärtigen Veränderungen und schließt:

Die Perspektive für ein völlig neues Paradigma in den internationalen Beziehungen zeichnet sich am Horizont ab, und das könnte viel schneller kommen, als die meisten sich vorstellen können…

Es gibt also allen Grund für eine kulturell optimistische Sicht auf die Zukunft der Menschheit – vorausgesetzt, wir ersetzen Haß, Neid und Mißgunst durch Liebe, Großzügigkeit und Neugierde auf das Potential der anderen Kulturen. Noch haben wir Zeit, die Axiome unseres Denkens neu zu justieren.

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