Annäherungen USA-China und USA-Rußland

Treffen der US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman mit führenden Vertretern Chinas und Rußlands eröffnen die Aussicht auf eine Verbesserung der Beziehungen, nachdem diese am Ende der Trump-Administration und zu Beginn der Biden-Präsidentschaft einen neuen Tiefpunkt erreicht hatten. Sherman traf sich am 25.–26.7. in Tianjin mit chinesischen Vertretern und dann am 28.7. in Genf mit ihrem russischen Amtskollegen, Vize-Außenminister Sergej Rjabkow.

Da die Chinesen Gastgeber des Treffens in Tianjin waren, nutzte Vize-Außenminister Xie Feng die Gelegenheit, um die Gründe darzulegen, warum die Chinesen die USA für die Verschlechterung der Beziehungen verantwortlich machen. Wie William Jones und Michael Billington in einem Artikel in Executive Intelligence Review (Ausgabe vom 6.8.) berichten, nahm Minister Xie „kein Blatt vor den Mund“. Er sagte: „Der Stillstand in den Beziehungen zwischen den USA und China ist einzig und allein auf die Politik der US-Regierung zurückzuführen, die eine gesamtgesellschaftliche Kampagne zur Herabsetzung Chinas führt.“ Er sprach einige der heikleren Themen an, darunter „Verschwörungstheorien“ über das Virologische Institut in Wuhan sowie Behauptungen über Völkermord und Zwangsarbeit in der Provinz Xinjiang. In den letzten 40 Jahren „hat sich die uigurische Bevölkerung in Xinjiang verdoppelt, die Lebenserwartung hat sich verdoppelt, der Lebensstandard steigt und das Bildungsniveau steigt kontinuierlich… Wie kann das ein ,Völkermord‘ sein?“

Weiter sagte Xie, die USA sollten „ihren Kurs ändern und sich dafür entscheiden, China auf halbem Wege entgegenzukommen, einander zu respektieren, fair zu konkurrieren und friedlich zu koexistieren“.

Nach ihrem Treffen mit Xie traf Sherman mit Außenminister Wang Yi zusammen, der ähnliche Fragen ansprach. Auf Wangs Vorwurf, die USA wollten Chinas Entwicklungspolitik und seine Beziehungen zu anderen Ländern untergraben, antwortete Sherman, die USA hätten nicht die Absicht, Chinas Entwicklung einzuschränken oder es einzudämmen, und in der Mitteilung des US-Außenministeriums hieß es, sie hätten Bereiche möglicher Zusammenarbeit erörtert.

Ähnlich verlief das Treffen mit Rjabkow im Rahmen des Dialogs über strategische Stabilität, den die Präsidenten Biden und Putin bei ihrem Gipfeltreffen am 16.6. in Genf vereinbart hatten. Beide Seiten äußerten sich positiv über das Treffen, die USA beschrieben es als „professionell und substantiell“. Rjabkow nannte es „sehr bodenständig, sehr geschäftsmäßig, sehr konzentriert, bewußt und rational“. Beide Seiten einigten sich auf ein Folgetreffen Ende September.

Noch läßt sich nicht sicher sagen, ob dieses Tauwetter von Dauer sein wird. Die Regierung Biden setzt die Sanktionspolitik früherer Regierungen fort und verhängte neue Sanktionen gegen chinesische Beamte wegen des Vorgehens gegen Regimewechsel-Aktivisten in Hongkong, und Biden und sein Team warnen, neben anderen offenen Fragen, weiterhin vor angeblicher russischer Cyber-Kriegsführung und „Drohungen“ gegen die Ukraine. Ein Bereich mit einem bedeutenden Potential für Zusammenarbeit statt geopolitischer Konfrontation ist die Bewältigung der Krise in Afghanistan nach dem Abzug der US- und NATO-Truppen nach 20 vergeudeten Jahren.

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